DROGENPOLITIK

DER DROGENMARKT UND DIE DROGENPOLITIK IN DER SCHWEIZ VON GESTERN, HEUTE UND ÜBERMORGEN

Der Drogenmarkt in der Schweiz wird von den Langzeitrennern Alkohol und Nikotin beherrscht. Auf die Bronzemedaille und die wenig rühmlichen Cannabisdebatten der letzten Jahre im Bundeshaus müssen wir nicht weiter eintreten – haben sie sich nicht zuletzt dadurch für Freidenker zur Farce entpuppt, weil noch während des ganzen hin und her klammheimlich zahlreiche Stoffe (u.a. Psilocybin-Pilze und der Meskalin-Kaktus Peyote) im November 2001 neu ins Betäubungsmittelgesetz (BetMG) aufgenommen wurden. Ohne Widerstand von grün-linker Seite, die gerade geistig Siesta hielt.

Die Ursprünge unseres  heutigen BetMG datieren aus dem Jahre 1951. Damals, am 3. Oktober, wurden als Beitrag an die internationale Gemeinschaft  auch bei uns verbindlich die Substanzen benannt, deren Lagerung, Konsum, Kauf und Verkauf gesetzlich verboten sind oder zumindest strengen Auflagen unterliegen.  Bei Nichtbeachtung drohten – daran hat sich bis heute nichts geändert – Geldbussen oder gar Haft. Trotzdem ist das BetMG aber keine absolut statische Grösse geblieben. Um mit der Zeit und den Veränderungen auf dem Drogenmarkt Schritt zu halten, wurden und werden laufend zusätzlich Substanzen in dieses Verzeichnis aufgenommen, was seit ca. 2006 mit dem Neuaufkommen ständig chemisch leicht veränderter Research Chemicals praktisch jährlich stattfindet. Bereits 2006 kamen nämlich neu Partydrogen wie 2C-T-7, TMA-2 oder PMMA hinzu. Wie üblich flatterte die diesbezügliche Medienmitteilung von Swissmedic eher überraschend in die elektronischen Briefkästen, eine Diskussion über Sinn oder Unsinn solcher Verbote findet im Vorfeld einer Erweiterung des BetMG prinzipiell nie statt. Während also  die eine Seite mit viel Enthusiasmus an Hanfinitiativen werkelt, wird in Bern kräftig an der Repressionsschraube gedreht. Man darf sich fragen, ob es sich bei der von staatlicher Seite immer wieder mal signalisierten Diskussionsbereitschaft um mehr als ein Ablenkungsmanöver handelt.

Von einer ersten Drogensubkultur kann man in Zürich ab 1968 reden. Neben „türkischem Grünen“ und „rotem Libanesen“ tauchten im „Blow Up“ an der Schöffelgasse bald mal erste LSD-Trips („Acid“ genannt) auf. „Purple Haze“ und andere Trips hatten ihre Blüte Anfangs der Siebziger. Oft und von den ersten Fixern gerne gesehen war damals auch „Speed“ (Amphetamin), das streng genommen wie auch LSD erst ab 1975 explizit im BetMG Aufnahme fand. Speed war dann die erste Droge, die  von der damaligen Protestbewegung  (Hippies) mit einem ideologischen Bann belegt wurde. So benannten deren politischen Köpfe Amphetamin kurzerhand als „Hitler Droge“, und der Slogan „Speed Kills“ (ein Song der L.A.- Gruppe Canned Heat) wurde zur gängigen Szenen-Floskel. Während 1976 noch sagenhafte 350 kg Amphetamine in der  Schweiz aufgegriffen wurden, wurde dieser Wachmacher später zunehmend bedeutungslos. Aktuell wird die Substanz aber in der Partyszene wieder vermehrt gesnifft/geschluckt und erreichte bereits 2003 mit 24 kg ihren dritthöchsten Wert in der Drogenstatistik Schweiz 1975 bis 2003. 2016 sind wir bei schweizweit  76.77 kg angekommen, wozu noch 2.10 kg Methamphetamin kommen. Festzuhalten ist, dass das 2001 in den Medien prognostizierte endemische Auftreten von Methamphetamin („Thai-Pillen“) (bis jetzt) in der Schweiz aber ausblieb. So wie auch LSD den ursprünglich prophezeiten weltweiten Siegeszug als marktstabile Droge nie geschafft hat: Den enthusiastischen Schilderungen von Drogenguru Timothy Leary (siehe sein Werk „Politik der Ekstase“) standen zu viele Warnungen vor Horrortrips entgegen. Ferner ist LSD ein instabiles Molekül, d.h. kaum in Labor synthetisiert, beginnt es bereits wieder zu zerfallen. Es gibt also keine Möglichkeit, LSD zu lagern, was für Händler wie Konsumenten natürlich uninteressant ist.

Zudem trichterten damals überemsige Wissenschaftler der Welt ein, LSD-Konsum führe zu Chromosomenschäden – was sich als Mär entpuppt, wenn wir an all die gesunden Kinder von gestandene Alt-68-Hippies denken. Die Diskussion von damals, über die die Verantwortlichen beschämt den Mantel des Vergessens gebreitet haben, erinnert stark an die heutige Diskussion zu Hirnschädigungen als Folge von Ecstasy (Meistwirkstoff MDMA, seltener: MDE, MDA, MBDB)-Konsum. Die Liste von Gutachten und Gegengutachten ist so endlos, wie aber auch interessant. Aber für eine wirklich schlüssige Antwort auf diese Frage werden wir uns noch einige Jahre gedulden müssen. 

Opiate traten in Zürich erst als Opium  (30 Fr/g) in Erscheinung, das ausnahmslos gespritzt (!) wurde. Die braune, dickflüssige Sauce führte aber zu massivem Juckreiz, oft zu  Erbrechen und manchmal zu Abszessen. Deshalb zog mancher Junkie die kleinen, weissen Mophiumtabletten („Teipsli“ genannt, Stückpreis: 20 Fr) vor, die oft aus Pakistan zu stammen schienen, aber eher rar waren. Weiterer „Stoff“ wie Morphium- Ampullen oder Dilaudid, Palfium, Pantopon oder Cliradon stammten aus Apothekeneinbrüchen (kleine Anekdote: ein „Apobruch“ wurde damals bei einigen politischen Linksaussen gutgläubig als Beweis für die Politisierung der Drogensubkultur gewertet). –  Opium verschwand spätestens 1973 fast gänzlich aus der west-europäischen Szene. Folgerichtig  wurden 2003 in der Schweiz noch ganze 16 g Opium beschlagnahmt (2016 waren es schweizweit 17 g + 17 ml flüssiges Opium, wohl eine Art Opiumtinktur) , und es ist aus markttechnischen Überlegungen absolut unwahrscheinlich, dass Opium bei uns in den nächsten Jahrzehnten ein Revival erleben wird, ist doch der Heroinhandel viel lukrativer.

„Brown Sugar“ (siehe den gleichnamigen Rolling-Stones-Song)  tauchte erstmals 1973 auf der Zürcher Szene auf. Gehandelt wurde es vor dem Restaurant Turm im Zürcher Niederdorf und natürlich an der „Riviera“ beim Bellevue, wo sich die Gegenkultur traf. In den Siebzigern war es schlicht unmöglich, ohne „Chrämpfe“ oder Deals in Zürich heroinsüchtig zu werden, wurden doch auf dem Hirschenplatz  für Heroin – falls denn überhaupt ein Dealer aufkreuzte –  bis zu 700 Fr/g verlangt. Und der Stoff war arg verschnitten, allerdings nicht mit Strychnin, wie schon damals immer wieder behauptet wurde. Sich eine Heroin-Sucht zu leisten, wäre damals schon rein rechnerisch selbst für einen bestverdienenden Angestellten ein ziemliches Ding der Unmöglichkeit gewesen.

 Wegen der unbezahlbaren Preise wählten viele User erzwungenermassen immer wieder die Abstinenz oder wichen auf die geschmacklich widerlichen Paracodin-Tropfen (Dihydrocodein) aus. Der wirkliche Preiszerfall von Heroin setzte erst in der zweiten Hälfte der Neunziger ein (damals sollen 5 g pakistanischen Sugar 200 Fr gekostet haben, während das viel bessere, weisse Thai-Heroin teuer und rar blieb). Angesicht der horrenden Preise für Heroin war klar, dass nach 1975, als eine Revision des BetMG Substitutionsbehandlungen mit dem auf der Szene zwar eigentlich nie sehr beliebten Methadon ermöglichte, immer mehr Konsumenten in diese Programme abwanderten. Heute, obwohl Heroin billiger geworden ist, beziehen dessen ungeachtet Tausende ihr Methi oder mitunter andere Substitutionspräparate, nicht zuletzt, um aus der Illegalität ausbrechen zu können.

 Der vor der Einführung der ärztlichen Heroinverschreibung (1994) befürchtete Ansturm auf die dafür zuständigen Abgabestellen blieb deshalb aus, weil die Auflagen für den Patienten dermassen einschneidend/restriktiv für die Lebensgestaltung sind, dass das an sich sehr begrüssenswerte Experiment viele Abhängige bis heute abschreckt. Es wäre wünschenswert, wenn sich schon in naher Zukunft die strengen Regeln gegen alle Widerstände (SVP etc.) aufweichen würden, wie das auch bei der Methadonverschreibung geschehen ist.

 In der Schweiz ist heute an der Front der sogenannt harten Drogen das Heroin, das Mitte der Neunziger vor allem von Neueinsteigern vermehrt statt gespritzt inhaliert (Folienrauchen) wurde (heute wird es in erster Linie gesniffft), punkto Marktbedeutung von Kokain abgelöst. „Coci“, so der Gassenjargon, wurde als Luxusdroge erst vornehmlich in betuchten Kreisen für teures Geld gesnifft, als aber auch bei dieser Droge der Preis zusammenfiel (gegenwärtig soll 1 g rund 150 Fr kosten), hielt das kristalline Pulver auch in der Partyszene und auf der eigentlichen Gasse Einzug. Abhängige spritzen es dort oft mit Heroin aufgekocht als „Cocktail“ oder rauchen es als „Base“. Während bei uns das Kokain mit Ammoniak zu seiner rauchbaren Form aufgekocht wird, verwenden die Amerikaner dazu Natriumbicarbonat (Backpulver) und nennen ihr Objekt der Begierde nicht „Base“, sondern Crack.  Das „Basen“ ist jedoch in der Schweiz heute als Konsumationsform nur noch eine drogenpolitische Randnotiz. Gleichzeitig ist der intravenöse Konsum von Drogen seit Jahren stets am Abnehmen.

Durch die Jahre haben sich  zahlreiche weitere Substanzen quer durch die Alters- und Bevölkerungsschichten eingenistet. Vor allem denken wir dabei an die von der Firma Hoffmann-La Roche erstmals entwickelten Benzodiazepine. Auf Librium (1960) folgte 1963 der grosse Kassenschlager Valium (Diazepam). Sie ersetzten nicht zuletzt wegen prominenter Toten wie Marilyn Monroe, die an einer Überdosis Veronal starb, die in Verruf geratenen Barbiturate. „Benzos“ führen selbst in Höchstmengen zwar kaum zum Tode, trotzdem irrten  sich ihre Adepten in einem Punkt: Sie machen ähnlich abhängig wie die für gestrig geglaubten Barbiturate. „Barbs“ werden nur noch selten eingesetzt. So richtig menschenverachtend wird’s, wenn man nachliest, wie sich der in US-Todestrakts verwendete Cocktail der Giftspritze zusammensetzte (bis die europäischen Pharmafirmen einen Lieferstopp verhängten): Natürlich war da u.a. auch ein Barbiturat drin. Man kann sich seine Gedanken machen, wer denn da jetzt Drogen missbraucht …

Sterbehilfsorganisationen in der Schweiz verwenden für die Freitodbegleitung übrigens NaP (Natrium-Pentobarbital).

Auf der Drogenszene, die leider ebenfalls klassifiziert, hatten Benzoabhängige immer einen tiefen Status: verächtlich wurde z.B. von „Rohypnol-Leichen“ gesprochen. Als Rohypnol in der Schweiz vom Markt genommen wurde, trat Dormicum (Midazolam) an seine Stelle, ein kurzwirksames Benzodiazepin, das in Spitälern oft zur Narkosevorbereitung verwendet wird. Unglücklicherweise werden die Tabletten von einigen Konsumenten immer wieder mal gespritzt. Resultat: Die Füllstoffe der Tablette lagern sich in der Lunge ab und führen zu Schädigungen der Lungenfunktionen.

Kleine Zahlenspielerei: Bereits 1990 meldete das Springer-Lehrbuch für Psychopharmakologie zu den Benzodiazepinen, dass bis jetzt über 3000 Derivate synthetisiert und rund 30 davon auf dem Markt seien. Auch ohne chemisches Wissen darf man daraus schliessen, dass die Industrie und die Untergrundchemiker auch bei dieser Drogengruppe noch die eine oder andere Überraschung im Köcher haben!

Eigentlich sind wir ja bereits so weit. Es finden sich nämlich die ersten neuen Benzodiazepine im Angebot der Anbieter von Research Chemicals.

Übrigens: Sowohl Benzodiazepine wie auch das verwandte Zolpidem werden seit der letzten Revision des Betäubungsmittelgesetze (2001) im Verzeichnis aller Betäubungsmittel (Art. 1) aufgelistet, bewegen sich jedoch in einer Art Graubereich, da sich die selben Stoffe einige Seiten später im Verzeichnis der von der Kontrolle teilweise ausgenommen Betäubungsmittel (Art. 2) wiederfinden. Kein Witz, sondern halt Juristendeutsch. – Paradoxerweise in keiner der beiden Klassen fungiert der alte Schlafmittelklassiker Chloral, hingegen findet  aber das zweckverwandte Methaqualon im BetMG Aufnahme (Toquilone ist übrigens in der Schweiz vor Jahren gar vom Markt genommen worden).  – Keine Kompromisse kennt das BetMG auch bei der Lifestyle Droge Ritalin und anverwandten Präparaten, die den Zenit ihrer Beliebtheit noch nicht erreicht haben dürften.

Von der Gesetzesrevision 2001 betroffen waren auch die vier Hauptgattungen der psilocybinhaltigen Pilze (Art. 1). Ob damit der im schweizerischen Kuhmist in freier Natur vorkommende Spitzkegelige Kahlkopf ebenfalls vom BetMG erfasst wird, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit klären. Leserinfos sind auch hierzu willkommen. – Aber nicht nur die Pilze, auch die Meskalin-Kakteen Peyote und  San Pedro landeten im BetMG. Und niemanden schien es zu kümmern. Ist der Horizont der Hanffreunde wirklich so eng begrenzt? Zwar tauchen immer wieder mal Meskalin-Tabletten auf dem Markt auf, wenn auch selten. Und wer die legalen Peyote-Samen kauft, dem sei’s gesagt: Falls, der kleine Kaktus überhaupt je zu spriessen beginnt, soll es weitere rund 13 (!) Jahre dauern, bis man ernten kann. Früh übt sich… 

Natürlich soll in dieser Marktübersicht der Schweizer Drogenszene keine Vollständigkeit angestrebt werden. Und wir gehen auch auf einige Trends im Ausland wie z.B. die seit Jahren andauernde Oxycontin-( ein Opiat)-Welle in den USA nicht näher ein. Im Eilzugtempo möchten wir aber noch einige in unserem BetMG aufgeführte Spezialitäten abhandeln, die zumindest Insidern ein Begriff sind: Zu nennen wären da die Halluzinogene 4-MTA, (ähnliche Wirkung wie PMA, siehe dort), DOB, 2C-B, DET, DMT ( kann geschnupft, gespritzt oder in seiner basischen Form geraucht werden; letzteres führt zu einer ungeheuer intensiven, kurzen, flashartigen Wirkung, die jedoch schon nach einer Stunde wieder verflogen ist), DMA, DOET, TMA (3,4,5-Trimethoxyamphetamin, siehe auch später TMA-2 ), PMA (wird unter dem Pauschalbegriff Ecstasy verkauft; kann überdosiert wie auch 2C-B zu Todesfällen führen) und dann natürlich das legendäre STP, das bereits in den Sechzigern in Kalifornien kursierte, und den Benutzer bei 6 mg auf einen 20stündigen Trip schicken kann; definitiv keine Partydroge). Und eben neu wurden 2001 auch die lange als legal geltenden Halluzinogene 2C-I, 2C-T-7, 2C-T-2, TMA-2 und das Antidepressivum Amineptin, das in der Schweiz übrigens nicht vertrieben wird (Amineptin  soll aber z.B. in Thailand von Ärzten in der Behandlung von Yaba-Rauchern eingesetzt werden).

Einer gewissen Popularität erfreut sich GHB (bzw. GBL), oft auch boulevardesque als KO-Tropfen bezeichnet. Erst – je nach Quelle – 1960 oder 1961 (fast 100 Jahre nach seiner Erstsynthese) wurden die schlaffördernden Eigenschaften von GHB entdeckt. Und als absolutes Nischenprodukt schaffte GHB sogar in der Schweiz 2006 wieder eine Marktzulassung.

Zuvor war GHB (Gammahydroxybutyrat) bis zu seiner Aufnahme ins BetMG 2001 kurzzeitige, lukrative Nebeneinnahme mancher Hanfshops, die teilweise den Stoff kannenweise selbst herstellten und in Trinkampullen zu 1 g Wirksubstanz verkauften. Nach dem Verbot dealten nun dieselben Verkäufer halt mit GBL, das nach dem Trinken im Körper des Konsumenten zu GHB umgewandelt wird. Dies solange, bis auch dieser Stoff dem BetMG unterstellt wurde.

Müssig zu erwähnen, dass bis heute auf dem Web ein wohl ziemlich intensiver Handel mit GBL stattfindet (Lieferanten sitzen z.B. in Polen), da die industrielle Verwendung von GBL weiterhin gestattet ist und dadurch sich natürlich jegliche Liefermöglichkeiten für den Schwarzmarkt ergeben.

Eine GHB-ähnliche Wirkung verursacht PCP (Phencyclidin), das in den USA als Angel Dust geraucht wird und noch vor der Crack-Welle als killer drug durch die Medien geisterte. Tatsächlich ist PCP eine Substanz (wird zum Beispiel in der Veterinärmedizin zur Narkose von Grosswild eingesetzt), die auch bei uns wegen seiner doch recht unberechenbaren Wirkung für echte Probleme hätte sorgen können … Warum der europäische Markt die Droge bis jetzt stets zurückgewiesen hat, darüber kann man allenfalls mutmassen. An ihrer Illegalität und ihrem Preis liegt es aber sicherlich nicht! – Zu den wenigen, rein pflanzlichen Präparaten (neben u.a. Cannabis, Opium, Cocablättern), die im BetMG figurieren, zählt Catha edulis (Khat). Der Strauch mit dem Muntermacher Cathinon stammt meist aus afrikanischen Ländern (Kenia, Äthiopien, Somalia). Obwohl auch in der Schweiz jährlich mehrere Hundert Kilo der Droge beschlagnahmt werden, kursiert sie fast ausschliesslich unter unseren afrikanischen Mitbürgern und tritt weder an Partys noch im Strassenhandel in Erscheinung. Ein hochinteressantes kulturell-soziologisches Phänomen.

Wir treffen wieder auf eben dieses Cathinon im Absatz zu Research Chemicals.

Kommen wir zu den neu seit 1.1.2006  dem BetMG unterstellten Halluzinogenen:  Alle gehören zu Klasse der Phenethylamine, von denen MDMA der bekannteste Vertreter ist und zu denen auch die oben erwähnten illegalen Substanzen TMA, PMA, STP, DMA etc. gehören. 1999 tauchte in Zürich erstmals das 2006 neu gesetzlich erfasste TMA-2 (2,4,5.Trimethoxyamphetamin) auf, das von Partygängern gerne geschluckt wurde und in einigen Hanfläden als Beigemüse im Angebot war. In immer kürzeren Intervallen folgten ähnlich wirkende Substanzen wie TMA-6 und 2C-T-4 sowie 2C-I, 2CT-2,  und 2C-T-7 (alle gelten heute als Betäubungsmittel).

Warum Stoffe im Betäubungsmittelgesetz Aufnahme finden oder nicht, folgt wenig zwingender Logik. Auch scheitert jedes BetMG beim Ansatz, den Umgang mit allen Substanzen mit Strafandrohungen zu reglementieren, denen eine Drogenwirkung innewohnt. Man denke nur an den legalen „Speed“ Ephedrin (lediglich als Vorläuferchemikalie im BetMG ein Thema; als Pseudoephedrin) und an den Hustenstiller Dextromethorphan, der rezeptfrei verkauft wird und durchaus für fremdartige Rauschzustände sorgen kann. Es waren die Technokids, die die ehemalige Billigdroge aus der Apotheke für ihre Szene als DXM wiederentdeckten. Obwohl DXM immer wieder mal als Ecstasy gehandelt wird, hat die Substanz nichts mit MDMA gemeinsam und wirkt eher dämpfend. Nicht ganz unähnlich dem ebenfalls legalen Narkosemittel Ketamin, von der Rauscheigenschaft her ein Mischding zwischen Halluzinogen und Opiat. Ketamin kann geschluckt, gesnifft oder gespritzt werden. Ketamin bewirkt kurzzeitige, äusserst intensive Rauschzustände, wobei tiefste Angstpsychosen, wie sie LSD immer wieder mal auslösen kann (Horrortrips), nicht aufzutreten scheinen. Anzunehmen ist, dass Ketamin, das in der Medizin als hoffnungsvolles Antidepressivum im Gespräch ist,  der nächste Stoff sein könnte, der in naher Zukunft im BetMG neu Aufnahme finden könnte.

Hier noch eine Auflistung einst legaler, potenter Halluzinogene, die noch 2000 bei uns im kleinen Rahmen im Umlauf waren und wohl zum Grossteil durch Webkontakte aus dem Ausland geordert, aber auch in Head Shops verkauft wurden: 2C-C, 2C-E, 2C-H (alle drei zählen wie die oben erwähnten zu den Phenethylaminen), 4-Acetoxy-DIPT, 4-ACO-DET,  4-HO-DIPT (alle zählen wie LSD und DMT zu den Tryptaminen) sowie TFMPP. TFMPP wurde vor Jahren in Shops mit A2 (Benzylpiperazin) versetzt und pulverförmig als „Combo“ verkauft.  A2 ist ein billiges Stimulans, das den Wirkungsvergleich mit den Amphetaminen jederzeit bestehen kann, bis anhin aber nicht wirklich gross eingeschlagen hat.

Die Liste der legalen Drogen, die in der Schweiz heute auch noch Bedeutung haben, und sei sie nur von marginaler Art, liesse sich ad absurdum weiterführen. Denken wir z.B. an Aether, Chloroform, Poppers (bei uns nur auf der Schwulenszene einigermassen verbreitet) oder das in seiner Potenz zu Unrecht belächelte Lachgas (N2O). Insbesondere haben wir aus purer Platznot einen Grossteil von pflanzlichen Präparaten übergangen, von denen einige eher exotischer Natur sind wie die Holzrose (Hawaian Woodrose). Aber vor allem gewährten wir einheimischen Gewächsen wie dem Fliegenpilz (Wirkstoff: Muscimol) oder der Tollkirsche ( u.a. Atropin; hochgiftig; kann durchaus zum Exitus führen) nicht – wenn wir sie an ihrer geschichtlichen Bedeutung messen – den ihnen zustehenden Raum.

Notabene fällt heute selbst die Salvia divinorum in der Schweiz unters BetMG. Ayahuasca klären ebenso Ibogaine.

Verlassen wir kurz diesen ganzen rechtlichen Rahmen. Halten wir nur fest, dass einige der sogenannten Drogen, die das BetMG erfasst, streng genommen an sich völlig wirkungslos sind. Es ist unser Körper, der aus ihnen Metaboliten basteln, die dann die Drogenwirkung bewirken.

Erfreulicherweise hat sich in der Schweiz die Substitutionspolitik konstant weiterentwickelt, und dem Arzt stehen heute weitere Substanzen zur Verfügung, die er auf den Patienten abgestimmt einsetzen kann. Zu nennen wären da Opiate wie Subutex (Buprenorphin), Morphin, Polamidon, Tarpentadol oder Oxynorm (Oxycodon).

2005 schloss der Text mit: Zum Schluss stellt sich schliesslich die Frage, mit welch neuen Substanzen die Schweizer Drogenpolitik in der nahen und ferneren Zukunft konfrontiert werden wird, die Frage nach den Drogen unserer Kinder und Kindeskinder. An einen weiteren Zufallstreffer vom Kaliber LSD, von dem übrigens im Labor noch potenterer Abkömmlinge gebastelt wurden, glauben die Fachleute  wenig. Aber alleine von den bereits mehrfach erwähnten Phenethylaminen (nur eine von zahlreichen viel versprechenden chemischen Gruppen) beschreibt Alexander Shulgin mehr als 150 psyochaktive und (noch) legale Verbindungen, die in naher und ferner Zukunft durchaus den Charakter der Drogenszene und damit der Drogenpolitik mitprägen könnten. Wohlan!

Die Zeiten haben uns Recht gegeben. Wir sind definitiv im Zeitalter der Research Chemcials (ungenau und lapidar oft als „Badesalz“ oder „Legal Highs“ bezeichnet) angekommen. Angefangen hatte es mit Mephedron und den ersten synthetischen Cannabinoiden. Seither kommen stets – oft nur leicht molekular geändert – neue Substanzen auf den Markt. In erster Linie Cannabinoide und Cathinone, dann aber auch Benzodiazepine, Ketamine und selbst Fentanylverbindungen, die zur Gruppe der Opiate gehören. Ja, selbst vor neuen LSD- und Kokain-Analogen machen die Untergrundchemiker, die vor allem in China und Indien sitzen, nicht halt.

In der Schweiz haben diese nie medizinisch getesteten Substanzen sicher nie die Bedeutung erlangt wie z.B. in Deutschland oder in England. Dies scheinen auch die jährlichen Listen des Bundes zu den beschlagnahmten Drogen zu bestätigen. Fragen lässt sich allenfalls, was sich denn z.B. in der Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 unter „Substanzart noch unbekannt, 47.66 kg + 5332 ml“ allenfalls verbirgt

Viel Lob für die Schweizer Drogenpolitik: Mit einem Inserat (1999), das in diversen US-Publikationen geschalten wurde, machten sich US-Kreise für eine Heroinverschreibung in ihrem Land stark